Abstract

Große Teile des Globalen Südens sind von Rohstoffabhängigkeiten geprägt und können als Extraktions- oder gar Rentengesellschaften bezeichnet werden. Die Tatsache, dass eine erfolgreiche Energiewende für den Globalen Norden und Fortschritte in der internationalen Umwelt- und Klimapolitik die wirtschaftlichen, sozialen und politischen Strukturen insbesondere solcher Extraktionsgesellschaften, die stark von fossilen Energieträgern abhängen, untergraben und Konfliktpotenzial bergen würden, wurde bisher kaum diskutiert. Dies wirft Fragen zur Tragweite der so genannten “Just Transition” in Ländern auf, die vom Export fossiler Primärgüter abhängig sind. Bislang werden Strategien zur wirtschaftlichen Diversifizierung als Königsweg zur Anpassung an den prognostizierten Rückgang der Nachfrage nach Erdöl oder Kohle angesehen. In der Vergangenheit wurden solche Strategien mit großem Nachdruck verfolgt, jedoch mit wenig greifbarem Erfolg. Die Gründe für die wiederholten Misserfolge werden allzu oft allein auf politische Versäumnisse zurückgeführt. Im Gegensatz dazu zielt das Forschungsprojekt darauf ab, das wirtschaftliche, soziale, politische und soziokulturelle Fortbestehen des extraktivistischen Entwicklungsmodells auf lokaler Ebene zu untersuchen, um anschließend alternative Wege in eine post-fossile Zukunft zu entwickeln. Im Sinne der neueren Forschung zu vergleichenden Extraktivismus wird das Projekt extraktive Interventionen in Ecuador und Kolumbien sowie mit geringerer empirischer Tiefe in Angola und Venezuela untersuchen, indem es fallspezifische Analysen durchführt, um diese systematisch zu vergleichen und weitere Erkenntnisse über das Transformationspotenzial extraktivistischer Gesellschaften zu gewinnen.